Das sechste Rätsel der Turandot
Es handelt von einer "Schlange", die es sowohl in China, wie auch in Persien und Europa immer noch gibt.
Lieber Miko,
Es wird Zeit für das nächste der insgesamt 15 Rätsel, die Friedrich Schiller für die Aufführungen seiner Bearbeitung des Turandot-Schauspiels gedichtet hat (bzw. hat dichten lassen).
Im vierten Auftritt (Szene) des 2. Aufzugs (Akt) stellt die Prinzessin Turandot jedem Bewerber, der sie heiraten will, drei Aufgaben.
»Es kann sich jeder Prinz um Turandot bewerben,
»Doch erst drei Räthsel legt die Königin ihm vor.
»Löst er sie nicht, muß er vom Beile sterben,
»Und schaugetragen wird sein Haupt auf Peckins Thor.
»Löst er die Räthsel auf hat er die Braut gewonnen.
»So lautet das Gesetz. Wir schwören’s bei der Sonnen.«
Friedrich Schiller, der das Stück des Venezianischen Dichters Carlo Gozzi ins Deutsche übersetzt hat, übernahm die Elemente der Handlung von diesem. Danach spielt die Handlung in China, und Turandot ist eine Chinesische Prinzessin.
Allerdings ist die Geschichte der Turandot vor Gozzi aus den Persischen Märchen von 1001 Nacht bekannt gewesen. Diese sind eine Sammlung von Geschichten, welche die Persische Königin Schehrazade ihrem Mann erzählt haben soll, um ihn daran zu hindern, eine neue Frau zu nehmen. Ob aber deswegen Turandot tatsächlich keine chinesische Prinzessin war, sondern eine orientalische, ist damit nicht gesagt. Denn zwischen China und dem Orient gab es über die Seidenstraße lange vor unserer Zeit bereits einen intensiven Handel und kulturellen Austausch. Insofern ist es möglich, dass Turandot tatsächlich die Geschichte einer chinesischen Prinzessin sein könnte, die sich über die Handelskontakte zwischen China und Persien dann in den Märchen aus 1001 Nacht wiedergefunden haben könnte.
Das heutige Rätsel handelt jedenfalls von einer “Schlange”, die es sowohl in China wie auch in Persien und Europa gab (und gibt). Das Rätsel hat diesen gedichteten Wortlaut:
“Unter allen Schlangen ist eine,
Auf Erden nicht gezeugt,
Mit der an Schnelle keine,
An Wut sich keine vergleicht.Sie stürzt mit furchtbarer Stimme
Auf ihren Raub sich los,
Vertilgt in einem Grimme
Den Reiter und sein Roß.Sie liebt die höchsten Spitzen,
Nicht Schloß, nicht Riegel kann
Vor ihrem Anfall schützen,
Der Harnisch – lockt sie an.Sie bricht wie dünne Halmen
Den stärksten Baum entzwei,
Sie kann das Erz zermalmen,
Wie dicht und fest es sei.Und dieses Ungeheuer
Hat zweimal nur gedroht –
Es stirbt im eignen Feuer,
Wie’s tötet, ist es tot!”
Die Antwort in ausgefertigter Reimform:
“Diese Schlange, der an Schnelle keine gleicht,
Die aus der Höhe schießt, die stärksten Eichen
Wie dünnes Rohr zerbricht, durch Schloß und Riegel dringt,
Vor der kein Harnisch kann beschützen,
Die sich in eignem Feuer selbst verzehrt,
– Es ist der Blitz, der aus der Wolke fährt.”
Ich hoffe, du hattest viel Freude!
Dein Opa
Einfach Klasse diese historische "Rätselstunde". Habe mich nach einem anstrengenden Tag dem Text gewidmet - und siehe da - es entspannt mich total, mich damit zu befassen. Ich glaube, des Rätsels Lösung ist ein Naturelement, das vom Himmel stößt und unter Umständen Dinge zerstören kann. Die "Morgenstunden" erden mich besonders abends ungemein.
Ist die Schlange die Analogie zur Seidenstraße ?