Ein Wunder an Ostern
Wie die Morgenstunde zum Karfreitag der Auslöser eines Textes über Glauben und Wunder wurde
Lieber Miko,
Die Morgenstunde zum Karfreitag hat unseren Leser Ralf Schauerhammer dazu angeregt, über das Paradoxon nachzudenken, dass “unter ‘glauben’ heute etwas ganz falsches verstanden wird, nämlich lediglich ‘nicht wissen’ im Sinne von ‘nicht beweisen können’. Dabei werde so getan, dass die axiomatische Methode das Nonplusultra sei. Aber diese Methode des ‘Wissens’ ist per definitionem beschränkt und geht eben nur von ‘Axiomen’ aus, d.h. Dinge, von denen wir ‘glauben’, dass sie offensichtlich wahr sind.
Daraus entstand der folgende wunderbare Dialog nach der Sokratischen Methode, den ich mit freundlicher Genehmigung des Urhebers hier wiedergeben möchte.
Viel Freude beim Lesen
Dein Opa
Wunderliches Gespräch
G: Gibt es Wunder?
V: Nein, der Glaube an Wunder lässt sich nicht mit einer vernünftigen und auf Logik basierenden Erklärung der Welt vereinbaren.
G: Lässt sich denn alles logisch erklären?
V: Selbstverständlich nicht. Aber wir werden immer klüger und können immer mehr verstehen.
G: Wann wird die Menschheit alles verstehen?
V: Das wird nie der Fall sein, mit jeder gelösten Frage entstehen ja wieder neue und tiefere Fragen, die gelöst werden müssen.
G: Das heißt aber auch: Es wird immer Wunder geben, nämlich Dinge, die vernünftig und logisch unerklärlich sind.
V: So kann man das sagen, obwohl mir das Wort ‘Wunder’ in diesem Zusammenhang nicht ganz passend erscheint.
G: Wieso denkst du dann, dass Wunder mit Vernunft und Logik nicht vereinbar sind, wenn sie doch logisch notwendigerweise vorkommen müssen?
V: Aber diejenigen, die von Wundern reden, glauben ja, dass Gott diese verursacht.
G: Du meinst also: Wunder sind mit der Vernunft nicht vereinbar, weil es einen Verursacher gibt, nämlich Gott?
V: Genau.
G: Aber die wissenschaftliche Vorgehensweise besteht doch gerade darin, für alles die Ursachen zu finden, und die Basis dieser Vorgehensweise ist doch, dass alles eine Ursache hat.
V: Ja. Es ist halt nur nicht immer einfach, die wahre Ursache zu finden.
G: Schlimmer, du hast doch gerade selbst gesagt, dass das prinzipiell unmöglich ist.
V: Stimmt. Aber wir können immer mehr erklären.
G: Immer mehr von was?
V: Von allem, von der ganzen Welt.
G: Kannst du das beweisen?
V: Wieso sollte ich das beweisen, das ist doch offensichtlich!
G: Ich denke nicht.
V: Das musst du mir erklären.
G: Stelle dir den oft zitierten Fisch im Aquarium vor. Nehmen wir an, er könne logisch denken und immer besser verstehen, was in seinem Aquarium vorhanden ist und passiert. Er würde dann bestimmt denken, dass er immer klüger wird. Genau wie du es gerade gesagt hast.
V: Ja. Worauf willst du hinaus?
G: Wenn der Fisch von seinem Besitzer Futter ins Aquarium bekommt, dann ist das für ihn innerhalb seiner Umgebung nicht erklärbar, es ist somit für den klugen Fisch ein Wunder.
V: Ich verstehe worauf du hinaus willst. Die Tatsache, dass man immer mehr versteht, bedeutet nicht, dass man irgendwann fast alles versteht, weil es sein kann, dass es einen Bereich gibt, der dem logischen Verstehen unzugänglich ist.
G: Ja. Und ich würde dem Bereich den Namen ‘Transzendenz’ geben. Es ist das Land, in welchem das ‘Wie’ hinter dem ‘Warum’ verschwindet.
V: Das klingt mir zu poetisch. Die Frage nach dem ‘Warum’ ist unlogisch.
G: Ja, aber das ist gerade der Punkt. Man kann sagen, ich beschränke Wahrheit auf das Logische. Dann muss man aber auch sehen, dass es darüber hinaus, sozusagen außerhalb des Aquariums, noch etwas gibt. Das, was du vorhin ‘Erklärung der Welt’ nanntest, beschreibt also nicht die ganze Welt.
V: ‘Gehen sie auf Start’. Wir drehen uns im Kreis.
G: Nicht ganz, denke ich. Meine Frage war: ‘Gibt es Wunder?’ Und ich glaube, wir können nun sagen: Ja, aber sie sind nicht logisch erklärbar. Man kann nicht wissen wie sie funktionieren, ohne die Frage nach dem ‘Warum’ zu beurteilen.
V: Aber was bringt das, wenn wir es doch nicht wissen können. Die Wahrheit kann nur auf gesicherter Grundlage bestehen, sie muss beweisbar sein: cogito ergo sum (ich denke, also bin ich)!
G: Aber wie beweisen wir denn? Beweisen bedeutet doch nichts anderes als dass wir durch logische Schlüsse auf Dinge zurückführen, von denen wir glauben, dass sie offensichtlich wahr sind. Die fundamentalen Dinge können nur geglaubt werden, und was ist fundamentaler, als der Schöpfer allen Seins? Folgerichtig müsstest du sagen: credo ergo sum (ich glaube, also bin ich).
V: Das ist Wortklauberei. Es gibt einfach keine Wunder, nur Dinge, die wir noch nicht verstehen. Punkt.
G: Glaubst du - wirklich?
Ralf Schauerhammer, Ostern 2025
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