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Nikolaus von Kues' "Vom Sehen Gottes" und das Konzept der Negentropie

Über eine vom tonangebenden System oligarchischer Untergangspropheten systematisch an den Rand gedrängte Frage: Der Mensch als höchster Ausdruck unendlicher schöpferischer Entwicklung des Universums

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Uwe Alschner
Aug. 19, 2024
∙ Bezahlt

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Erster Teil eines Textes über Ideen, die im 15. Jahrhundert zu einer goldenen Renaissance in den Künsten und Wissenschaften führten und in der Geschichte der Menschheit den größten Zuwachs an Vermögen des Menschen bewirkten, über die Natur zu herrschen. Und es sind genau jene Vorstellungen von Gott, dem Menschen und der Natur, welche die vorherrschende Kultur des Todes in unserer heutigen Gesellschaft unbedingt auslöschen will. Deswegen sind es die Ideen, die wir wieder beherrschen müssen, wenn wir den umgekehrten Paradigmenwechsel erreichen wollen, der notwendig ist, um den weiteren raschen Zerfall der Zivilisation zu verhindern.

Von William F. Wertz, Jr.

Der Zweck meines heutigen Vortrags ist es, das Konzept der Negentropie zu erörtern, das Nikolaus von Kues in seinem Buch “Vom Sehen Gottes” zum Ausdruck bringt, damit wir die Ideen besser beherrschen, die notwendig sind, um die Entropie umzukehren, die sonst [die Welt] (…) verschlingen wird.

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In einem kürzlich erschienenen Aufsatz mit dem Titel “Die Herausforderung für die Menschheit: Eine Orientierung an der Aufgabe, die Wissenschaft über ihre derzeitigen Grenzen hinaus zu entwickeln”, schrieb Lyndon H. LaRouche, Jr:

“Ich schlage vor, daß wir uns das berühmte Werk von Nikolaus von Kues (Cusanus) ansehen, sein “Vom Sehen Gottes”. Cusanus kommt zu der gleichen Definition dessen, was ich bereits im Jahr 1952 Negentropie genannt und definiert habe. Das heißt, die Vorstellung, zum Beispiel in einem wirtschaftlichen Prozess, dass ein tragfähiger wirtschaftlicher Prozess ein solcher ist, in dem die Pro-Kopf- und Pro-Hektar- oder Pro-Quadratkilometer-Energie des Systems, also des wirtschaftlichen Reproduktionssystems einer Gesellschaft, zunimmt, dass aber gleichzeitig auch die relative freie Energie zur Energie eines solchen Systems zunimmt. Diese Art von System (wie auch Organisationen, die dieser Art von System entsprechen) sind das, was ich als die Phänomene bezeichne, auf die der Begriff Negentropie richtig angewandt wird, während ich jene Definition von Negentropie ablehne, die aus dem negativen H-Theorem abgeleitet ist, d.h. aus der Boltzmann-Konzeption der negativen Entropie.”

LaRouche fährt fort:

“Wir verwerfen also die negative Entropie als Definition des Phänomens, auf das der Begriff Negentropie oft angewandt wird, und wenden uns der biologischen Definition des Phänomens Leben zu. Was wir mit dem Unterschied zwischen lebenden und nichtlebenden Prozessen meinen, definiert für uns den Unterschied zwischen dem, was wir negentropische und entropische Phänomene nennen. Die Ausdrücke Entropie und der Begriff Negentropie sollten also als Versuche betrachtet werden, Begriffe für den Unterschied zwischen lebenden und sterbenden oder toten Prozessen zu liefern, die wir dann zu erklären versuchen.”

Schließlich heisst es im selben Text von LaRouche:

“In ‘Vom Sehen Gottes’ skizziert Cusanus die Entwicklung der Spezies so, daß man, wenn man beschreiben würde, was Cusanus in ‘Vom Sehen Gottes’ beschreibt, im wesentlichen feststellen würde, daß er Arten (Spezies) oder eine Abfolge von Spezies definiert, die sich in ihrer Abfolge durch eine Zunahme der Energie des Systems pro Individuum und in Bezug auf die Natur pro Kopf, pro Quadratkilometer oder pro Hektar auszeichnen, während gleichzeitig das Verhältnis von freier Energie zu Energie des Systems zunimmt. Das ist es auch, was das Periodensystem beschreibt. Das ist im Wesentlichen das, was alle lebenden Prozesse charakterisiert. Und das ist im Wesentlichen der Schlüssel zum Unterschied zwischen lebenden und nicht lebenden Prozessen.”

Die Vorstellung, dass das Universum durch das Prinzip der Maximierung der Entropie auf der Grundlage des Ersten und Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik gekennzeichnet ist und dass jede Ausnahme von diesem Prinzip als negative Entropie bezeichnet wird, welche letztlich zu einer Zunahme der Entropie führt, ist eine pseudowissenschaftliche Auffassung, die, wenn sie im Denken einer Gesellschaft vorherrscht, wie es heute zum großen Teil der Fall ist, zwangsläufig zum Tod dieser Gesellschaft führt, weil diese nicht in der Lage ist, ihre potenzielle relative Bevölkerungsdichte zu erhöhen.

Die Zunahme der potenziellen relativen Bevölkerungsdichte, die die menschliche Spezies als Ergebnis des Konzils von Florenz 1439-40 erfahren hat, ist direkt auf die entgegengesetzte, im eigentlichen Sinne wissenschaftliche Ansicht zurückzuführen. Danach ist das Universum durch ein Prinzip der Negentropie gekennzeichnet und der Mensch als höchster Ausdruck der negentropischen Entwicklung des Universums in der Lage, die schöpferische Entwicklung des Universums fortzusetzen, insofern er das lebendige Abbild Gottes ist.

Die Neo-Malthusianer betrachten diese Zunahme der potenziellen relativen Bevölkerungsdichte als negative Entropie, d. h. als einen Verstoß gegen das Entropieprinzip. Ihrer Ansicht nach muss die Weltbevölkerung reduziert und die industrielle Entwicklung gebremst werden. Dies jedoch nicht etwa, um die entropische Erschöpfung und den Tod des Universums abzuwenden, was sie für unvermeidlich halten. Lediglich hinausschieben wollen Die Neo-Malthusianer und ihre durch den Club of Rome und ähnliche elitäre Organisationen repräsentierten Institutionen den Untergang des Universums. Es handelt sich also nicht um eine Kultur des Lebens, sondern um eine Kultur des Todes, welche auf nicht-lebenden Prozessen beruht.

Um dieses kulturelle Paradigma umzukehren, müssen wir uns auf das entgegengesetzte negentropische Konzept des Lebens stützen, welches Nikolaus von Kues in seinem Werk ‘Vom Sehen Gottes’ aus dem Jahr 1453 und in einer Reihe anderer Werke zum Ausdruck gebracht hat.

Heute gibt der Begriff der Evolution Anlass zu einer falschen Debatte zwischen der darwinistischen, materialistischen Auffassung der Evolution und dem so genannten Kreationismus, welcher auf einer wörtlichen Auslegung der Bibel beruht. Nikolaus von Kues hat jedoch in seinen Schriften ein drittes Konzept vorgestellt, das nicht anders denn als christliches Konzept der Evolution bezeichnet werden kann. Die Idee, dass die Schöpfung des Universums durch Gott nicht im Widerspruch zum Evolutionskonzept steht, stammt nicht von Nikolaus von Kues. Der heilige Augustinus vertrat eine solche Auffassung in seinen Kommentaren ‘Zur Genesis’, in denen er argumentierte, dass alle Dinge, die entstehen, ihren Ursprung und ihre Entwicklung, jedes zu seiner Zeit, aus den ursprünglichen Prinzipien oder Urgründen der Dinge nehmen, die Gott in sie gelegt hat.

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In ‘ Vom Sehen Gottes’ zeigt Cusanus am Beispiel eines Nussbaums, dass wir, wenn wir das Wesen eines geschaffenen Dings erkennen wollen, mit unserem geistigen Auge vom sichtbaren Bereich zu dessen erster Ursache im unsichtbaren Bereich aufsteigen müssen. Er stützt sich dabei auf die Aussage des Apostels Paulus im Brief an die Gemeinde in Rom: “Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit.”

Cusanus argumentiert in Kapitel 7: Wenn ich die Kraft und den Anfang eines Nussbaums suche, den ich mit dem vernünftigen Auge sehe, muss ich mit dem geistigen Auge schauen, um zu erkennen, dass der Baum potenziell in seinem Samen existiert. Da aber der Same nur in Bezug auf diese Nussart Kraft hat, muss ich über die gesamte Zeugungskraft aller Bäume der verschiedenen Arten nachdenken. Wenn ich also die Absolute Kraft aller Kräfte dieser Samen sehen will, muss ich über alle Samenkräfte hinaus zum Anfang gehen, der jeder Kraft, ob Samenkraft oder nicht, Sein verleiht. Er fährt fort:

“Da diese absolute und über alles erhabene Kraft jeder beliebigen Samenkraft eine solche Kraft verleiht, in der sie den Baum virtuell mit allem einfaltet, was ein sinnenfälliger Baum erfordert und was aus dem Sein des Baumes folgt, hat dieser Urgrund (principium), diese Ursache (causa) auf eingefaltete und absolute Weise als Ursache alles, was immer sie dem Bewirkten (effectui) verleiht. Und so sehe ich, daß diese Kraft das Angesicht oder das Urbild eines jeden Baum-Angesichtes und eines jeden beliebigen Baumes ist. In ihr sehe ich jeden Nußbaum nicht wie in seiner verschränkten Samenkraft, sondern wie in der schöpferischen Ursache jener Samenkraft. Deshalb sehe ich auch in jenem Baum eine Art Ausfaltung der Samenkraft und im Samen eine Art Ausfaltung der allmächtigen Kraft.

Ich sehe weiter: Ebenso wie der Baum im Samen nicht Baum, sondern Samenkraft ist, und wie jene Samenkraft es ist, aus der der Baum sich entfaltet, so daß nichts am Baum zu finden ist, das nicht aus der Samenkraft hervorginge, so ist die Samenkraft in ihrer Ursache, der Kraft der Kräfte, nicht Samenkraft, sondern absolute Kraft.

Darüber hinaus sehe ich, dass der Baum im Samen kein Baum ist, sondern die Urkraft, und die Urkraft ist diejenige, aus der der Baum entfaltet wird, so dass im Baum nur das vorhanden sein kann, was aus der Kraft des Samens hervorgeht. Ebenso ist die Samenmacht in ihrer eigenen Ursache, die die Macht der Mächte ist, nicht die Samenmacht, sondern die absolute Macht. So ist der Baum in Dir, mein Gott, Du selbst, mein Gott, und in Dir ist er die Wahrheit und das Urbild seiner selbst. Ähnlich ist auch der Samen des Baumes in Dir die Wahrheit und das Urbild seiner selbst. Du, Gott, bist die Wahrheit und das Urbild sowohl des Baumes wie des Samens.”

In dieser Erörterung des Nussbaums legt Cusanus den Gedanken dar, dass die gesamte Schöpfung ewig in Gott als Ursache eingeschlossen ist und sich in der Zeit als Wirkung entfaltet. Gott transzendiert also das Universum und ist zugleich in ihm gegenwärtig. Da alle Dinge durch das Wort geschaffen wurden, ist das Wort in allen Dingen gegenwärtig. Oder wie Cusanus in ‘Vom Sehen Gottes’ schreibt: “Gott aber faltet in sich alle Sinn-Gründe ein, da er der absolute Sinn-Grund aller nur denkbaren Sinn-Gründe ist.” (Kapitel 3, Die Aussagen von Gott unterscheiden sich nicht in der Wirklichkeit). Da Gott das absolute Sein aller Dinge ist, ist er in jedem Ding gegenwärtig. Gott ist nicht das Universum, wie ein Pantheist argumentieren würde, denn er geht dem Universum, das er geschaffen hat, voraus. Er ist also “alles in allem”, und zwar so, dass er nichts von allem ist. Obwohl Gott also kein Geschöpf ist und daher mit dem sinnlichen Auge nicht gesehen werden kann, ist er dennoch die unsichtbare Ursache und das Wesen eines jeden Geschöpfes, ein Konzept, das Cusanus beim Apostel Paulus verortet, der schrieb: “Und ER ist vor allem, und es besteht alles in ihm” (Kol 1,17), dass Gott “alles in allem” ist (1 Kor 15,28), “denn keinem von uns ist er fern.Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir” (Apg 17,27-28).

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