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"Des Lichts verstohlner Urquell, der ein Lehrer aller Kunst den Menschen wurde"

"Des Lichts verstohlner Urquell, der ein Lehrer aller Kunst den Menschen wurde"

Der Götterfunke in der griechischen Mythologie und in seiner Bedeutung als Metapher für ein Grundprinzip

Avatar von Uwe Alschner
Uwe Alschner
Aug. 28, 2024
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"Des Lichts verstohlner Urquell, der ein Lehrer aller Kunst den Menschen wurde"
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Lieber Miko,

wie versprochen wollen wir uns heute der schöpferischen Kraft widmen, die in uns Menschen von Geburt an angelegt ist. Die Schöpfung, so haben wir uns festgelegt, ist viel zu wunderbar und großartig, als dass sie das Werk puren Zufalls gewesen sein soll. Gott ist der Name, den wir zum besseren Verständnis dieses komplexen Gedankens der Kraft gegeben haben, die den Kosmos und damit auch uns Menschen geschaffen hat. Von dieser Kraft ist ein göttlicher Funken in jedem Menschen angelegt, glaube ich. Und davon will ich dir heute erzählen.

Wichtig ist zunächst einmal, dass wir darüber sprechen, dass es um den einen Gott geht, der alles erschaffen hat (selbst aber ewig und unerschaffen ist). Dieser Gott hat sich Abraham erstmals offenbart. Zuvor haben die Menschen auf der Welt an viele verschiedene Götter gleichzeitig geglaubt, oder sonstige Vorstellungen von der Erschaffung der Welt gehabt, in der sie lebten.

Abraham ist auch der Stammvater des Volkes Israel, dessen Religion auch heute noch jüdisch oder mosaisch (nach dem Propheten Moses) genannt wird. Moses Mendelssohn war Jude, sein Enkel Felix Mendelssohn Bartholdy wurde von seinen Eltern bereits christlich getauft. Dahinter steht mit einiger Wahrscheinlichkeit die auch Moses Mendelssohn bereits gereifte Erkenntnis, dass es der Glaube an Gott ist, der die Menschen zu “seinem Volk” macht.

In Europa wissen wir erst seit der Zeit der Griechischen Kultur vor 2500 Jahren und den seither überlieferten Schriften genaueres darüber, was und an wen die Menschen glaubten. Bei den Griechen gab es sehr viele Götter, von denen einer, der “Göttervater” Zeus, besonders mächtig war. Die Erde (Gaia) wurde allerdings der griechischen Mythologie zufolge nicht von den Göttern geschaffen, sondern ist aus dem Chaos hervorgegangen. Auch danach geht es bei den Göttern noch ziemlich chaotisch und blutig zu.

Agape, also göttliche Liebe (man könnte auch sagen: unbedingtes Wohlwohlen), für die Menschen hat danach erstmals der Titan Prometheus empfunden. Dem Mythos zufolge hat er die Menschen erschaffen und ihnen dann “das Feuer” gebracht, obwohl es verboten war.

Die Erschaffung des Menschen durch Prometheus. Römischer Sarkophag. Foto: Wikipedia

Der Dichter Aischylos hat im 6. und 5. Jahrhundert vor Christus gelebt und uns berichtet, dass Prometheus für seine Tat von Zeus schwer bestraft wurde.

» (...) Weil den Menschen ich 
Heil brachte, darum trag ich qualvoll dieses Joch. 
Im Ferulstabe glimmend, stahl ich ja des Lichts 
Verstohlnen Urquell, der ein Lehrer aller Kunst 
Den Menschen wurde, alles Lebens großer Hort. 
Und diese Strafen büß ich jetzt für meine Schuld, 
In Ketten angeschmiedet hoch in freier Luft!«
— Aischylos, “Der gefesselte Prometheus”

Prometheus hat eine besondere Wirkung auf die Kunst und Kultur Europas gehabt. Nach Aischylos haben viele weitere Künstler diesen Stoff aufgenommen, u.a. auch Johann Wolfgang Goethe und Ludwig van Beethoven.

Beethoven nahm sich Prometheus sogar zweimal vor. Neben der frühen Balletversion “Die Geschöpfe des Prometheus” spielt der “Götterfunken” dann natürlich in der berühmten 9. Sinfonie eine Hauptrolle.

Dieses späte Werk Beethovens war eine lange beabsichtigte Vertonung der “Ode an die Freude” von Friedrich Schiller.

Besonders Schiller hat es verstanden, die Rolle von Kunst und Ästhetik für die Ausprägung der göttlichen Anlage im Menschen zu kommunizieren. Dies, lieber Miko, ist der Punkt, auf den ich dich und alle Leser hinführen wollte!

“Die Anlage zu der Gottheit trägt der Mensch unwidersprechlich in seiner Persönlichkeit in sich; der Weg zu der Gottheit, wenn man einen Weg nennen kann, was niemals zum Ziele führt, ist ihm aufgethan in den Sinnen.”

— Friedrich Schiller, Über die Ästhethische Erziehung des Menschen, E(i)lfter Brief

Der göttliche Funken ist eine Metapher mit unglaublicher Symbolkraft! Nicht das spezifische Detail eines Mythos, eines Gedichts oder einer Sinfonie ist es, woran wir uns aufhalten sollen. Sondern die Poesie als Ausdruck einer Hypothese: Es macht einfach keinen Sinn, an eine unfassbar große Menge von Zufällen zu glauben, die unsere Welt hervorgebracht haben sollen. Dass wir “nur” um unserer selbst willen leben sollen (und dabei die Rücksicht auf Gottes Schöpfung und die Menschen vor uns, neben uns und nach uns außer Acht lassen).

Nein, die Geschichte des Prometheus (über die wir in einer späteren Morgenstunde noch sprechen können) und die Geschichte der Kunst und der Wissenschaft lehren uns, dass es Sinn macht, an Gott und seine Schöpfung zu glauben und sich in den Dienst der Universalgeschichte zu stellen, deren Teil wir sind und die wir zum Guten beeinflussen können. Die Beschäftigung mit dem Guten, Schönen und Wahren hilft uns auf unserem persönlichen Weg.

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Ich möchte dir heute zum Abschluss und zur Verdeutlichung einen kurzen Auszug aus einem Buch vorstellen, welches ich vor kurzem in die Hände bekommen habe, und welches mich fasziniert, weil es mich herausfordert, alte Überzeugungen zu hinterfragen im Hinblick auf ihre Grundlagen. Doch dieser Auszug, so glaube ich, spricht für sich. Dr. Jonathan Tennenbaum ist der Autor eines Buches über “Die Weibliche Technik”. Er beschreibt das prometheische Prinzip, ohne es zu benennen, mit diesen Worten:

Die Epikureer lehrten, daß jeder Stoff aus winzigen, nicht weiter zerlegbaren kleinen Körperchen - den Atomen - aufgebaut sei. Außerhalb der Atome gäbe es nur die Leere, ein in alle Richtungen unendlich ausgedehntes “Nichts”, worin sich die Atome bewegen. Bedingt durch gegenseitige Anziehung oder Abstoßung brächte die Bewegung der Atome dann alle physikalischen Erscheinungen zustande. Über die rein wissenschaftlichen Hypothesen hinaus verbanden die Epikureer mit ihrer Atomistik eine atheistische Weltanschauung, die sehr zum Fatalismus neigte. Kalt und trostlos muß in der Tat ein Universum erscheinen, das zu 99 Prozent leer ist und in welchem der Mensch nur aus einem Schwarm lebloser Teilchen besteht.

Den Gegenpol zu Epikur bildete die “geometrische Schule” von Pythagoras und vor allem Platon, die einen fruchtbaren Einfluß auf die ganze Entwicklung der Naturwissenschaften bis heute ausgeübt hat. Die platonische Denkweise läßt sich allerdings nicht so einfach darlegen wie die der Epikureer; sie ist anspruchsvoller und kommt den heutigen Wissenschaftlern, die nur noch in der Newtonschen Tradition geschult sind, häufig ziemlich fremd vor.

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