Morgenstunden

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Ganz Mensch sein!

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Was die Legende von Achilleus, dem der Sage nach unverwundbaren Helden der Antike, uns lehren kann.

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Uwe Alschner
Nov. 16, 2024
∙ Bezahlt

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Lieber Miko,

der heutige Bericht greift eine Reihe von Themen auf, die wir in den bisherigen Morgenstunden behandelt haben. Zum einen geht es erneut um Griechenland und die Griechische Klassik. Es geht aber in gewisser Weise auch um den Zweck der Existenz, wie er in John Streleckys Big Five for Life angesprochen wird: Was zählt im Leben wirklich? Warum sind wir hier?

Auch die Griechen stellten sich diese Frage vor mehr als 2500 Jahren. Homer ist einer der ältesten Autoren unserer europäischen Kultur, wenn man das antike Griechenland in dieser Hinsicht als europäisch bezeichnen will.

Homer hat in seinen “epischen Liedern” Ilias und Odyssee lange Gedichte verfasst, die mündlich weitererzählt wurden. Die Schriftsprache war im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. noch nicht entwickelt. Kulturgeschichtlich sind die Werke Homers Grundlagen, was soviel bedeutet, dass der Inhalt sowohl philosophisch und moralisch wichtige Prinzipien dokumentierte, als auch geschichtlich und politisch als Quelle von hoher Bedeutung angesehen wird. Dies gilt auch dann, wenn man glaubt, dass Homer keine reale Person war, oder nicht der Verfasser der Epen.

Die Ilias ist das ältere der beiden Lieder und handelt vom Untergang Trojas, einer Stadt in der heutigen Türkei, die vor mehr als 3000 Jahren unterging. Dass dies so ist, wissen wir aus archäologischen Ausgrabungen von Heinrich Schliemann, der die Reste von Troja 1871 auszugraben begann.

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Anfang der Ilias, Quelle: Wikipedia

Auch wenn von manchen bezweifelt wird, dass der Trojanische Krieg überhaupt stattgefunden hat, so ist die Ilias ein kulturgeschichtliches Dokument von größter Bedeutung. Es hat die Philosophie und moralischen Vorstellungen europäischer Kultur stark beeinflusst.

Als Tragödie dient das Epos dazu, den Menschen - wie Friedrich Schiller erläutert - wichtige Impulse für ihre charakterliche Festigung und moralische Prägung zu vermitteln.

Insbesondere geht es in der Person des Achilleus darum, sich mit der Frage nach dem Sinn des Lebens zu beschäftigen. Der Sage nach wählte Achilleus sein eigenes Schicksal und entschied sich für ein kurzes aber ruhmreiches Leben im Gegensatz zu einem langen Leben in Anonymität. Zwar versuchte seine Mutter Thetis, das Schicksal ihres Sohnes zu beeinflussen, indem sie ihn durch Eintauchen in den Unterweltsfluss Styx unverwundbar zu machen glaubte. Doch hielt sie ihn dabei an seiner Ferse, die somit als verwundbare “Achillesferse” bis heute ein Sinnbild für menschliche Verwundbarkeit ist. In der Ilias stirbt Achilleus somit auch vor Troja durch einen auf seine Ferse abgeschossenen vergifteten Pfeil.

Friedrich Schiller hat in seiner Nänie (ein römischer Trauergesang) das Schicksal des Achilleus zum Gegenstand des Gedichts gemacht:

“Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,
Wann er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.
Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,
Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
Dass das Schöne vergeht, dass das Vollkommene stirbt.
Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten ist herrlich,
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.”

Johannes Brahms hat dieses Gedicht in unvergleichbar schöne Musik verwandelt:

Was hat das mit dem Sinn des Lebens zu tun, fragst du?

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